Wenn die niedliche Erwartung auf die harte Realität trifft, stellt die frischgebackene Mama schnell fest, dass das Wochenbett doch eher "Drillcamp" als "Flitterwochen" ist. Die Erwartungen von einer schönen entspannten Kuschelzeit sind schnell getrübt... die Realität sieht dann doch etwas anders aus: Erschöpfung, Schmerzen, Stillprobleme und die Feststellung, dass das Baby zwar neun Monate im Bauch gewachsen ist, man aber dennoch so überhaupt keine Ahnung hat, was man da eigentlich tun soll. Hier meine Tipps, um das Wochenbett zu "überleben".
1. Trenne dich von unrealistischen Erwartungen.
Egal was einem vermittelt wird... es ist zwar in vielen Fällen leicht ein Baby zu zeugen, hart es auf die Welt zu bringen. Aber, was dann kommt ist wirklich schwierig. Fast alle Frauen sind total erledigt von der Geburt und haben noch eine ganze Weile lang Schmerzen (vom Kaiserschnitt oder vom Reißen, oder vom Nähen oder was auch immer), die Hormone durchfluten den Körper und es ist einfach eine krass emotionale Zeit. Klar, da ist dieses winzig kleine Wesen und diese innige Liebe und Dankbarkeit. Es gibt aber auch andere Gefühle. Überforderung, Müdigkeit, Angst (vor der Zukunft oder dass etwas passieren könnte), Stolz... und in manchen Fällen auch Trauer.
Und dann gibt es da noch diese immens hohen Erwartungen, die man an sich selbst und das Baby richtet. Und die Erwartungen der anderen, denen man gerecht werden möchte.
Wir alle haben uns vorher ausgemalt wie es wohl sein würde, wenn das Baby da ist. In der Vorstellung lief alles perfekt. Man war überglücklich und immer gut gelaunt, ebenso das Baby. Man hat sich nicht ausgemalt, dass man einfach sofort in den Panik Modus verfällt, wenn das Baby schreit und erstmal auch keine Ahnung hat, was man da eigentlich tun soll. Und Begriffe wie "Baby-Flitterwochen" helfen da auch nicht weiter- sondern verklären eigentlich nur.
Leute, die Anfangszeit mit Baby ist heftig. Viele Dinge laufen wirklich nicht so wie man möchte. Man ist brutal ausgelaugt und müde und kommt auch nicht so wirklich dazu sich zu erholen, wenn man versucht allem gerecht zu werden. Deswegen mein Tipp: Setzt Prioritäten. Die Wohnung muss nicht super aufgeräumt sein, geht lieber schlafen, wenn ihr die Zeit habt. Bestellt lieber etwas zum essen oder lasst euch etwas bringen. Und vor allem: bleibt cool. Es geht allen so. Es spricht nur einfach niemand drüber.
2. Lass dir helfen, wo auch immer es dir möglich ist.
Wenn dir Menschen Hilfe anbieten, dann nimm sie an. Lass dir selbst gekochtes Essen bringen, lass deine Mutter mal deine Wohnung aufräumen oder einen Freund eine Besorgung für dich erledigen. Wenn es dir niemand anbieten sollte, dann scheue nicht zu fragen oder Menschen dafür zu bezahlen (Lieferdienste, Amazon, Putzfrau). Jetzt ist wirklich nicht die Zeit allen zu beweisen wie wunderbar du alles unter Dach und Fach bringen kannst. Nutze lieber die gewonnene Zeit, um dich auszuruhen oder dein Baby kennenzulernen... später kann man dann immer noch zu WonderWoman werden.
3. Sei gefasst auf eine ganze Menge Blut.
Der Wochenfluss. In seiner Intensität war er bei mir nicht schlimmer als die reguläre Periode... aber er ging sooooo lange. So viele Wochen zu bluten hat mich ganz fertig gemacht. Das unangenehme Gefühl immer eine Binde im Slip zu haben beraubte mich jeglicher Freiheit. Zum Glück kam ich irgendwann auf den Trichter von den empfohlen Pelzys auf normale Binden down zu Graden. Macht euch nicht unglücklich, nehmt gleich die normalen Binden. Dann lieber öfter wechseln.
4. Nimm dir Zeit, um das Baby kennen zu lernen.
Eine der größten Überraschungen war für mich die Tatsache, dass Kinder schon im Babyalter einen eigenen Charakter haben. In der Ausprägung habe ich das vorher nicht für möglich gehalten. Dementsprechend war es für mich schon krass zu erfahren, dass ich mein Baby zwar schon 9 Monate in mir getragen habe aber dennoch gar keine Idee habe, wer dieser Mensch eigentlich ist. Geschweige denn, wie er sich verhält oder was er mag und nicht. Denn entgegen der weit verbreiteten Meinung: Babies sind ganz und gar nicht alle gleich. Nicht jedes Baby liebt es gepuckt zu werden. Nicht jedes Baby liebt Autofahren und nicht jedes Baby kann von sich aus in den Schlaf finden. Also nehmt euch die Zeit euer Kind kennenzulernen. Und macht euch nicht fertig, wenn das Baby nicht so reagiert, wie ihr erwartet habt. Dann probiert man eben etwas anderes.
5. Wenn euch die Babybesuche zu viel werden, dann verschiebt sie.
Bis heute ist es mir immer noch ein Rätsel, warum mich so viele Menschen im Krankenhaus besuchen wollten. Klar, es schmeichelt, wenn alle das Baby sehen wollen... und man ist ja auch sooooo Stolz, dass man das Baby gerne herzeigen möchte... aber warum geht das denn nicht nach dem Wochenbett? Da ist das Baby immer noch winzig... aber der Mama geht es einfach schon so viel besser, dass es ein deutlich entspannterer Besuch wird. Also... scheut euch nicht die Besucher auf einen späteren Zeitpunkt zu vertrösten, wenn es euch zu viel wird.
6. Stelle dich darauf ein, dass das Stillen nicht so einfach wird wie gedacht.
In meiner Vorstellung war immer klar, dass ich mein Baby stillen würde. Da ich noch sehr gut in Erinnerung habe, dass meine Mutter uns alle gestillt hat und wieviel Milch sie dabei immer hatte (weiß ich noch von meinem 11 Jahre jüngerem Bruder), habe ich keinen Gedanken daran verschwendet, dass das Stillen nicht funktionieren könnte. Außerdem hatten wir im Geburtsvorbereitungskurs ja Anlegepositionen geübt und so Grundlagen besprochen wie "das Baby geht zur Brust, nicht umgekehrt"... umso größer war meine Überraschung als ich dann eben doch nicht so einfach Stillen konnte. Ich hatte nämlich erstmal das Problem, dass die Anlegetechniken bei mir nicht geklappt hatten, weil meine Brüste zu groß waren. Mein Kind konnte also nicht trinken und gleichzeitig Luft bekommen. Leider konnten mir die vollkommen überlastet Schwestern auch nicht gleich zur Seite stehen (und die angeforderte Stillberatung kam erst drei Tage später). Bis wir dann rausgefunden hatten, wie das denn funktioniert, ist meine Tochter regelmäßig am Busen eingeschlafen. Es wurde dann also nötig die Milchproduktion anzukurbeln... was für mich bedeutete alle 2 Stunden das baby anzulegen (20 Minuten), dann zu pumpen (20 Minuten beidseitig) und dann die gepumpte Milch dem Baby zu geben. Diesen Act machten wir 6 Wochen mit, bis mein Körper dann die Milchproduktion einstellte.
Beim Stillen gibt es viele Dinge, die nicht funktionieren können... Viele Frauen müssen anfangs pumpen oder auf Hilfsmittel wie einem stillhütchen zurück greifen. Also informiert euch vorher über die Stillberatung der Klinik (oder Eibe private stillberatung) oder wendet euch an eure Hebamme. Aber seid bitte nicht enttäuscht, wenn es nicht auf Anhieb klappt.
7. Sofern möglich: bezieht den Papa mit ein und lasst ihn auch etwas übernehmen.
Das setzt natürlich voraus, dass es einen Papa oder Partner oder eine Oma gibt, die man in die Kindererziehung mit einbeziehen möchte. Es ist im Wochenbett gar nicht so einfach die andere Person noch mit einzubeziehen, da das Baby die Mama braucht. Es kennt den Herzschlag, den Tonfall, den Geruch und kann sich da einfach schneller beruhigen. Aber das bedeutet nicht, dass sich das Baby bei einer anderen Person nicht auch beruhigen kann. Manchmal dauert es nur länger oder passiert auch auf eine ganz andere Art und Weise als man selbst gehandelt hätte. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass es schlecht ist. Nutzt die Chance, wenn sie sich ergibt. Lasst den Partner auch mal mit dem Baby schmusen, oder das Fläschchen geben (sofern es ein Fläschchen gibt). Falls Unsicherheiten auf Seiten des Partners bestehen, redet ihm gut zu und erklärt, dass man sich erstmal kennen lernen und aneinander gewöhnen muss.
Nach einiger Zeit kann man dann auch mal die kurze "Pause" genießen.
8. Nachsorgehebamme ist ein Muss.
Während meiner ersten Schwangerschaft habe ich das mit der Hebamme nicht so sonderlich ernst genommen. Ich hatte nicht so recht verstanden, dass die Hebamme jetzt nicht nur für die Geburt zuständig ist, sondern auch für die Nachsorge. Dementsprechend habe ich viel zu spät angefangen zu suchen und war dann einfach froh gegen Ende der Schwangerschaft noch eine Hebamme gefunden zu haben.
Es empfiehlt sich gleich nach einer Hebamme zu suchen, dann hat man nämlich noch eine Chance darauf eine zu finden, die wirklich zu einem passt. Vor allem auch zu deiner Mentalität. Man verbringt viel Zeit mit diesem Menschen und zeigt sich in Wochenbett auch sehr verletzlich. Also sollte da schon eine solide Vertrauensbasis vorhanden sein.
Schlussendlich gibt es viele Dinge, für die ich dann doch froh war jemanden zu haben, der mit drauf schaut: Gewicht, Neugeborenengelbsucht, Teilmenge, Stillprobleme und vieles mehr. Es ist einfach sehr praktisch einen Ansprechpartner zu haben, der sich auskennt und mit Rat und Tat zur Seite steht. Man möchte dann eben doch nicht immer zum Arzt gehen oder könnte manche Dinge auch übersehen, wenn man nicht weiß, auf was man achten muss.
Also: eine Nachsorgehebamme, die zu dir passt, ist ein Muss.
9. Vergiss nicht, auf dich selbst zu achten.
Ich spreche jetzt nicht vom einem ausgedehnten Wellnessausflug oder einer täglichen Meditation, sondern eher von den Grundbedürfnissen. Achte darauf genug zu trinken. Achte darauf genug zu essen und versuche zu schlafen, wann immer es dir möglich ist. (Aber versteif dich nicht auf das "Schlaf halt, wenn das Baby schläft"... ab und an möchte man einfach auch mal eine Stunde für sich haben oder mal was aufräumen oder auch mal eine Folge der Lieblingsserie schauen. Das ist auch in Ordnung und auch erholsam.). Aber darüber hinaus geht es auch um den Stresspegel. Wir müssen nicht darüber sprechen, dass jede Frau gestresst ist in den ersten Wochen. Das ist einfach so. Aber wenn du das Gefühl bekommst, dass dir alles über den Kopf wächst oder sogar Gedaken aufkommen, dass deine Kinder ohne dich besser wären und du häufig niedergeschlagen bist oder dich sozial abschirmst... dann sprich bitte mit deiner Hebamme oder einem Arzt über Wochenbettdepressionen. Das kann vorkommen und ist auch häufiger als man denkt... Es wird geschätzt, dass etwa 10-15 % der Frauen und 5-10% der Männer innerhalb des ersten Jahres eine Wochenbettdepression haben.
In leichten Fällen kann man einen Anspruch auf eine Haushaltshilfe haben, in schwereren Fällen ist eine Psychotherapie oder Eibe medikamentöse Behandlung erforderlich. Achte einfach gut auf dich und auch auf die Warnzeichen. Hier nochmal Eibe Symptomauflistung:
Energiemangel, Antriebslosigkeit
Traurigkeit, Freudlosigkeit
inneres Leeregefühl
Gefühl von Wertlosigkeit
Schuldgefühle
ambivalente Gefühle dem Kind gegenüber
Hoffnungslosigkeit
sexuelle Unlust
Herzbeschwerden
Taubheitsgefühle
Zittern
Ängste und Panikattacken
Mehr auch unter: https://www.netdoktor.de/krankheiten/wochenbettdepression/
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